Buchcover
Reinhard P. Gruber

Die grüne Madonna

Roman. Mit 18 Skizzen des Autors. Werke Band 3
1999
gebunden , 13 x 21 cm
144 Seiten
ISBN: 9783854205128
€ 19,00

AUTOREN

Textauszug

Hallo rp,

mir ist das ganze ein bisserl zu artifiziell. Das Konzept ist zwar ganz lustig (oder – ist es überhaupt ein Konzept?), in der Ausführung zerspragelst du dich aber, manches wird belanglos, sicher, ein Hausaufgaberl für die Germanisten. Mir selber fehlt ein bisserl mehr Blut und Sperma, ich glaub, du solltest ein bisserl auf den Tisch hauen und dich nicht hinter einem Konzepterl verstecken.
dein W. O. Bauer

lieber peter,
schreib, was dir spaß macht! wenns fertig is, reden wir drüber und heben einen! dein
O. H. Artmann

Der Chauvinismus, mit dem Sie an die Auflösung der literarischen Traditionen gehen wollen, ist zwar sichtbar, die Traditionen jedoch sind geblieben. Das ist der Anti-Roman eines Mannes. (Glaubt er.) In Wahrheit ist es gar kein Anti-Roman. In Wahrheit ist nur die Form etwas ungewöhnlich – ein Sammelsurium von verschiedenen Stilen, das ist offensichtlich, ebenso offensichtlich wie die Tatsache, daß das Bild der Frau in diesen Texten eines ist, wie wir es schon bis zum Kotzen von der chauvinistischen Männerliteratur kennen: die Frau spielt keine Rolle, und wenn sie eine spielt, dann die eines Sexualobjekts, hier sogar die eines klassischen Objekts: der Hure. Keine utopische Linie, kein Aufzeigen der realen Unterdrückungsmechanismen, keine Perspektiven für eine freiere Gesellschaft, wie Mann sagt. Ich persönlich bedaure den Zustand unserer Literatur, wenn er solche Exemplare von Literaten wie Sie hervorzubringen imstande ist. Ich wünsche keiner Frau, Ihnen je persönlich begegnen zu müssen. Nicht Ihre

O. Schwarzer

Die grüne Madonna erschien 1982 als dritter Roman Reinhard P. Grubers und ließ die Rezensenten damals eher ratlos zurück: gerade war man sich einig geworden, der Autor von Hödlmoser und Im Namen des Vaters gehöre in die Kategorie des »Negativen Heimatromans« – und dann erschien dieser »Roman«, der alle Erwartungen an eine Steirer-Satire enttäuschte.

Stattdessen bietet Gruber in diesem Buch eine Romanparodie, in der der angekündigte Protagonist nie auftritt, in der der Autor seinen Briefwechsel mit Persönlichkeiten des Kulturlebens offenlegt (oder nur erfindet?), sich mit dem Leser bzw. der Leserin verbrüdert (und in einem Rechteck am Ende des 32. Kapitels einen Ort zum Verbrüderungskuss bereitstellt), umwerfende Gedichte, Minidramen und Fragebögen in die längst verloren gegangene Handlungs- und Personen-Übersicht einschiebt und ganz ausführlich über die Entstehung und den Sinn der Grünen Madonna berichtet.

Einen roten Faden hat das Buch nicht. Was die Teile zusammenhält, ist, dass sie jede mögliche Erwartung fröhlich enttäuschen (auch darin allerdings inkonsequent), dass auch die Sprache Haken schlägt, kaum dass sie eine bestimmte Form gefunden zu haben scheint. Gruber rechnet mit dem hochentwickelten Sinn der Leserschaft für das Anarchische und mit ihrer Freude am Slapstick der totalen Demontage. Formal bietet das Buch einen »Querschnitt durch allerhand Gattungen der Literatur, als da zum Beispiel sind: Briefwechsel, Minidrama oder umwerfend komische ›Gedichte‹« (Kleine Zeitung).

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