Buchcover
Eleonore Frey

Siebzehn Dinge

Biografie
2006
gebunden , 13 x 21 cm
120 Seiten
ISBN: 9783854207078
€ 16,00

AUTOREN

Textauszug

Das Labyrinth bin ich, schreibt Nina in einem neuen Ansatz. Der ist zwar nicht an sich neu, aber sie hat mit dieser Wendung doch die Sache in den Griff bekommen und kann bestimmen, wie es weitergeht. Denkt sie. Und fragt sich auch gleich, was die Sache ist: Das Ich oder das Labyrinth oder dieses in jenem oder jenes in diesem. Nichts anderes als diese Art von Denken, weiß sie, aber sie schreibt es nicht auf, denn sie weiß es zur Genüge, ist das Labyrinth, und dagegen hilft nichts als ein Einfall, der vom Himmel fällt. Also ein Meteor. Der Einfall kommt nicht, dafür aber die Mutter, das heißt, eigentlich nur ihre Stimme, die zum Essen ruft. Was sie im Kopf hat, nicht einen Einfall leider, sondern nur so etwas wie eine funkelnde Absicht, kann man nicht ins Heft schreiben, und dann ist es ein für alle Mal getan, sondern man kann es nur tun, wird ihr klar, wie sie den Bleistift weglegt. Eins ums andere ein Schritt; der eine Fuß am Boden, der andere in der Luft: So geht’s. Eigentlich geht das von selber. Ohne Dazutun. Aber dann ist es nicht, was es soll. Wenn ich nur wüsste, wo es hinzielt, sagt Nina noch rasch, bevor sie über den Gang ins Esszimmer geht, und hofft, dass sie diese konzise Konzentration ihrer Ratlosigkeit nicht vergisst. Oder, denkt sie, wie sie dann am Tisch sitzt und abwechselnd kaut, schluckt und eine neue Ladung Nudeln in den Mund befördert, eigentlich doch nicht. Besser, man hat ein unliniertes Blatt vor sich, falls man sich zum Beispiel als ein Gekritzel ereignen will. Oder als Klecks. Will, oder auch, mangels einer besseren Lebensform, schlicht muss.

Es gibt Situationen, da die Identität einer Person aus den Gegenständen ihres persönlichen Besitzes erschlossen werden muss, Gegenständen, die aber auch für sich eine Geschichte erzählen, eine Geschichte haben.

Mit diesem ironischen Kommentar zu den Grundlagen der Erzählliteratur setzt sich Eleonore Freys neues Buch auseinander. Seine Protagonistin Nina trägt einen Rucksack mit sich herum, in dem sich 17 Dinge befinden, von einer Mundharmonika über eine Wasserflasche bis zu Lippenstift, Sturzhelm und Walkman. Das ergibt mindestens 17 Geschichten, mindestens 17 Annäherungen an eine Person, mindestens 17 Entwürfe, diese Figur zu fassen, hinter ihre eigene Geschichte zu kommen.

In ihrer unnachahmlich geschmeidigen Prosa, die allen Festschreibungen verständnisvoll aus dem Weg geht, lässt Eleonore Frey mit ironischer Distanz und großer Einfühlungskraft die Welt einer 17jährigen entstehen – unausweichlich, und doch nur durch Hand und Blick der Autorin dirigiert. Wir folgen diesem Mädchen in die elterliche Wohnung, wir lernen die Nachbarn und den kleinen Bruder und schließlich auch den Freund mit dem Motorrad kennen. Und in diesem kleinen Radius und mit so wenig Dingen erschafft Eleonore Frey mit ihrer Kunst eine ganze, unsichere, lebensgefährliche Welt.

Presse

»Eleonore Frey schreibt die feinste Prosa der Welt; noch nicht alle wissen das.« (Urs Widmer, Tages-Anzeiger)

»Eleonore Frey hat mit feinem psychologischen Gespür ein wundervoll poetisches Buch über ein unangepasstes, eigenwilliges 17jähriges Mädchen und seine ungewohnt reiche Innenwelt geschrieben.« (Heinrich Boxler)

»Feinnervig und voller Fantasie. Erstaunlich, wie sehr es ihr gelingt, sich in die Denk-, Bild- und Sprachwelten einer Siebzehnjährigen zu versetzen.« (Beatrice Eichmann-Leutenegger, Der kleine Bund)

»Eine Biografie des Schwebens, die allen, die sich abseits ausgetretener Literaturpfade bewegen möchten, nur empfohlen werden kann.« (Peter Zemla, Buchjournal)

»Frey schreibt eine sehr musikalische Prosa, fein gestimmt und rhythmisiert (…) zauberhafte Miniaturen.« (Eva Bachmann, Tagblatt)

»Mit ironischer Distanz und großer Einfühlungskraft lässt Frey die Welt einer 17-jährigen entstehen. Man könnte locker mindestens 17 Gründe aufzählen, diese zauberhaften Miniaturen zu lesen.« (Musilhaus, Klagenfurt)

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