Buchcover
Antonio Fian

Das Polykrates-Syndrom

Roman
2014
gebunden , 13 x 21 cm
240 Seiten
ISBN: 9783854209508
€ 19,00
als ebook erhältlich

AUTOREN

Textauszug

Sie lachte und streckte mir die Hand hin. »Ich heiße Alice.« Sie sprach es französisch, Aließ.
»Artur«, sagte ich.
Dann Händeschütteln.
Dann nichts.
Der Kellner rettete uns. Ich hatte Lust auf einen doppelten Tequila und ein Bier, aber ich befürchtete, dass sie mich dann für einen Alkoholiker halten würde, also bestellte ich Kaffee. Sie hatte ihren schon ausgetrunken und wollte jetzt ein Viertel Weiß. Meine Befürchtungen schienen überflüssig gewesen zu sein.
»Was sollte das mit dem Hemd?« nahm ich das Gespräch wieder auf.
»Es war hübscher als das, das Sie heute tragen«, sagte sie. »Nicht ganz so langweilig. Sind Sie verheiratet?«
Ich legte die Hände mit gespreizten Fingern auf den Tisch. Es beeindruckte sie wenig.
»Die meisten Männer nehmen den Ehering runter, wenn sie sich mit anderen Frauen treffen. Es ist sicherer, sich an der Kleidung zu orientieren. Nach Ihren Hemden zu urteilen, sind Sie verheiratet.«
»Ich habe auch buntere. Aber ich hatte keine Zeit, mich nach der Arbeit umzuziehen.«
»Sie sind trotzdem verheiratet, wetten?«
Ich nickte. »Seit acht Jahren. Keine Scheidung in Sicht. Ist das ein Problem?«
»Ich bin nur neugierig. Warum sind Sie mir nachgegangen?«
Unangenehme Frage. Schließlich wusste ich das selbst nicht. »Weil ich ein Idiot bin«, sagte ich.
Das war die falsche Antwort. Zwar bemühte sie sich zu lächeln, aber die Enttäuschung war ihr anzusehen. Mir war klar, dass ich ihr ein Kompliment machen musste, aber mir fiel nur ein, was der Wahrheit am nächsten kam: »Ich habe mir vorgestellt, Sie anzusprechen, auf einen Tequila einzuladen und dann mit Ihnen zu schlafen. Idiotisch genug?«

Blutige Weihnachten… Artur führt eine unspektakuläre, in geordneten Bahnen verlaufende Ehe mit der Mittelschullehrerin Rita, jobbt, obwohl Akademiker, in einem Kopierzentrum und als Nachhilfelehrer und ist ganz allgemein nicht sonderlich ehrgeizig oder anspruchsvoll. Bis eines Tages eine gewisse Alice den Copyshop betritt und eine Notiz hinterlässt …

Was nun ins Rollen kommt, ist eine Zeit lang ausgesprochen komisch, aber diese Komik nimmt unversehens immer düsterere, schließlich grauenhafte, wie einem Splattermovie entsprungene Formen an, und die bisher so satten und zufriedenen, vielleicht sogar glücklichen Romanfiguren sehen sich unausweichlich in Handlungen verstrickt, die weder sie sich selbst noch die Leser ihnen jemals zugetraut hätten.

»Es geht uns allen viel zu gut. Die Kinder sollen’s einmal besser haben«. Der kurze Text »Die guten Eltern« aus Antonio Fians Gedichtband Fertige Gedichte bringt das Polykrates-Syndrom auf den Punkt: Die Steigerung allzugroßen Glücks ist möglicherweise größtmögliches Unglück. Das sagt zumindest eine tief in uns verwurzelte Angst – und diese Angst und ihre Folgen stehen im Zentrum von Fians zweitem Roman.

Presse

LONGLIST DEUTSCHER BUCHPREIS 2014

»Ein regelrechtes Gemetzel, gleichwohl pointenreich und wirklich witzig erzählt.« (Karl-Markus Gauss, Süddeutsche Zeitung)

»Dieser flotte, immer schwarzhumoriger werdende Roman spielt in der Hauptstadt der saftigen Sünde: im Wien der neunziger Jahre.« (Oliver Jungen, FAZ)

»Mit Das Polykrates-Syndrom ist Antonio Fian ein messerscharfer Text mit tiefschwarzem hintergründigem Humor gelungen.« (Claudia Gschweitl, Ö1 Leporello)

»Unvergleichlich gewitzt: Antonio Fian wirft seine Pointenschleuder an und fetzt die Salven auf Papier.« (Harald Klauhs, Die Presse)

»Das Polykrates-Syndrom ist das Opus Magnum des österreichischen Schriftstellers, mit dem er dem Gesellschaftsroman vollkommen neue Facetten abgewinnt.« (Paul Jandl, Literarische Welt)

»Geradezu genüsslich führt Fian vor, wie ein falscher Schritt alsbald schlimmere Tritte zur Folge hat. Antonio Fian erzählt ebenso flott wie gekonnt« (Klaus Zeyringer, Der Standard)

»Dass das Lustige und das Brutale in diesem Land ohne Weiteres zusammengehen, wissen wir, Fian aber findet dafür in seinem Roman eine moderne und zeitgenössische Verpackung.« (Klaus Kastberger, ex libris Ö1)

»Dieser Psychothriller ist nicht nur witzig, sondern auch spannend. Die Geschichte ist amoralisch und augenzwinkernd zugleich, hat trockene Dialoge und super Sager, ist gut beobachtet und zugleich toller Filmstoff.« (Salzburger Nachrichten)

»Dem Meister der Dramolette gelingt ein amoralischer und augenzwinkernder Krimi vom Feinsten – ein gelungener Spagat zwischen E und U« (Wolfgang Huber-Lang, APA)

»Eines dieser Bücher, das man nicht mehr aus der Hand legen kann.« (Sebastian Fasthuber, Falter)

»Antonio Fian präsentiert sich in seinem neuen Roman als amerikanischster aller österreichischen Autoren. Das Polykrates-Syndrom hat Witz und reichlich Sex and Crime.« (Barbara Mader, Kurier)

»Ich habe mich köstlich amüsiert … Es ist, als hätten sich Helmut Qualtinger und Ephraim Kishon zu einem Romanprojekt zusammengetan von einem wirklich beißenden hintergründigen Humor.« (Annemarie Stoltenberg, NDR Gemischtes Doppel)

»Grossartig beschrieben werden die Langeweile und der Zermürbungskrieg in einer Ehe, die Larmoyanz und der Grauschleier über der glänzenden Metropole Wien, die Abgründe der Vergangenheit.« (Franz Haas, NZZ)

»Mit seiner filmreifen Geschichte über den katastrophalen Werdegang eines tragikomischen Antihelden beschert Fian den LerserInnen ein Stück kohlrabenschwarzer Unterhaltungsliteratur, dessen grotesk blutgetränkte Szenen von Splattermovieking Quentin Tarantino stammen könnten.« (Elisabeth, Zehetmayer, bibliotheksnachrichten)

»Fian erzählt munter-zynisch vom verliebten Loser, der plötzlich mit Leichen zu tun hat und dessen nette, gemütliche avancierte Spießerwohnung sich in ein Slasher-Heim verwandelt.« (Thomas Wörtche, Culturemag)

»Ein hübsch grausamer Sex- und Splatter-Thriller, dessen Stärke in seinen grandiosen Dialogen liegt … können Sie getrost kaufen.« (Titanic)

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