Buchcover
Ewa Lipska

Achtung: Stufe

2004
engl. Broschur in Schuber , 15 x 21 cm
112 Seiten
Aus dem Polnischen übersetzt und mit einem Nachwort von Doreen Daume.
ISBN: 9783854206576
€ 150,00

AUTOREN

Textauszug

Zoologische Läden

Zoologische Läden.
Lager der Internierten
meiner Kindheit.

Meerschweinchen. Papageien. Kanarienvögel.
Der kränkliche Geruch der Gefangenschaft.
Sägespäne der Ereignisse.

Zu Hause spuckte ich
die Depression aus.
Die Katze Antigone kam nicht mehr zum Vorschein.
Mausefallen aus Verdun
und dann die Fortsetzung bis nach Auschwitz

Ich wusste nicht wie es enden wird
als ich mich zum Leben meldete.
Freiwillig.

Kennwort

Wir verwahren die Stunden auf der Bank.
Die Uhr vom nahen Rathaus
schlägt auf Rechnung eines Anderen.

Wir. Weit entfernt vom unterkühlten Tageslärm.
Von uniformierten Philosophien.
Von einfallenden Touristengeschwadern
die Landschaftsautogramme sammeln.
Weit entfernt von gehandicapten Eichhörnchen.

Wir. Nur wir allein. Wir liegen auf Wolkenhängen
und sagen unser Kennwort.

10 Exemplare, mit einem Diptychon mit Autograf, signiert und numeriert.

Ewa Lipska zu lesen heißt, einer Dichterin zu begegnen, die mit großer Klarheit über einfache Dinge spricht und diese Einfachheit mit raffiniertester Metaphorik zu verbinden weiß. Und immer behält sie ihren liebevoll distanzierten Blick bei, egal ob sie sich fragt »Was weiß ich über mein Land?« oder ob sie mit der »Beschreibung des Herbstes« beginnt.

In Lipskas Gedichten fliegen wir mit dem Paragleiter zum Poesiefestival nach Aldeburgh, die Poesie ist eine »medizinische Alternative/ für alle die über empfindlichen Lichtschmerz klagen/ für alle die über empfindlichen Dunkelschmerz klagen/ für alle die der Wirbelsturm des Triumphs fortreißt/ und für alle anderen Rekonvaleszenten«; wir »Kombattanten der Liebe/ werfen eine Zigarette in die Dunkelheit« – wir sind alle nur »Menschen für Anfänger«.

Mit nüchternem Blick konstatieren diese Gedichte das Vergehen der Zeit, die Unbeständigkeit des Lebens, und schlagen gerade aus diesem Skandal ihre Funken: »Wir Aktionäre des Lebens nach dem Tod/ vergeuden genüsslich die Gegenwart/ und reimen uns dabei/ von Zeit zu Zeit.« Eine heitere Distanz zu den untragbaren Verhältnissen scheint der Motor dieser Zeilen zu sein, die sich der Natur genauso wie dem Computer, der Geliebten genauso wie dem eigenen summenden Kopf zuwenden.

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