Buchcover
Stefan Schmitzer

wohin die verschwunden ist, um die es ohnehin nicht geht

Roman
2009
gebunden , 13 x 21 cm
152 Seiten
ISBN: 9783854207542
€ 18,00

AUTOREN

Textauszug

und das wäre dann die urszene. zwei männer sitzen auf steinstufen, auf einem öffentlichen platz, in der sonne, nahe der schattenlinie dreistöckiger altbauten. sie teilen obst, ein sandwich, tee in pappbechern und zigaretten. sie reden nicht viel, aber betrachten einander und die zahlreichen passanten, als gäbe es da etwas zu reden zwischen ihnen, etwas, das seine zeit hätte, und die wäre fast da. der eine, der gestenlose, hat die zigaretten. der andere den rest. dies ist das dritte und letzte mal, dass sie sich treffen.

das erste mal war bei einer werksschließung. man war nebeneinander gestanden, unter hunderten, in der großen halle. zwei schichtarbeiter, verschiedene schichten. es hatte versuche gegeben, mit der firmenleitung zu verhandeln, dann, die halle zu besetzen. draußen an der märzluft das räumkommando der polizei, grüppchen uniformierter zwischen den wartenden abriss- und baugeräten. als die meisten arbeiter die halle verließen, war man nebeneinander losgegangen, bis zum drehtor und danach weiter. man wartete nicht aufeinander, man sah sich nicht an, man hatte den selben weg. hinter ihnen welche, die noch protestierten, und vor ihnen solche, die eilig zu den busstationen gingen, zu familien, die warteten. dann war man auf einer bank gesessen, in einer grünfläche, bei einer breiten ausfallstraße, und hatte einander biografien vorgelogen. schließlich war einer der beiden aufgestanden und gegangen. der andere, mit blick auf die tauben am straßenrand und auf die ersten frühlungsblumen in der kargen erde, war geblieben, ohne ihm nachzurufen.

Eine junge Frau, die sich von zwei Männern entführen lässt, weil sie drauf steht, dass sich die Jungs um sie prügeln. Ein Wettbüro, in dem um Wohnungseigentum und Selbstanzeige wegen Suchtmittelbesitz gewettet wird. Ein Lehrer, der einem Schüler nachstellt, in dessen Vergangenheit und Herkunft eindringt.

Stefan Schmitzer führt den Leser in seinem ersten Roman an neuralgische Stellen unserer Städte, unseres sozialen Lebens: Härte, Gewalt, Perspektivenlosigkeit – die besten Voraussetzungen für ein action-movie der besonderen Art. In einem direkt zupackenden, mündlichen Tonfall erzählt Schmitzer diese Ballade um eine junge Mutter, die ihr Kind weggibt, ihr zielloses Leben zwischen unartikulierter Gewalt und misslingenden Versuchen der Selbstfindung. Aber »um sie geht es ohnehin nicht«: der dominante Handlungsstrang ist die Begegnung ihres halbwüchsigen Sohns mit seinen möglichen Vätern, um deren halbherzige Suche nach ihr, um eine Gruppe von Menschen also mit unterschiedlich schlechten Aussichten (wenn überhaupt), aber mit viel Power.

wohin die verschwunden ist, um die es ohnehin nicht geht ist eine filmartig erzählte Comic-Ballade, mit schnellen Schnitten, unvergesslichen Einstellungen und einer äußerst ungewöhnlichen Atmosphäre.

Presse

»Ein rarer Glücksfall: Formal bewusstes Erzählen verbindet sich mit einem starken Plot und Trash-Elementen zu einer explosiven Einheit – das Ding knallt.« (Sebastian Fasthuber, Der Falter)

»Schmitzers Buch eckt an, weil es Kanten hat und nicht auf Markttauglichkeit geschliffen wurde. Das ist heutzutage durchaus ein Wert an sich. Das Buch hat speed und drive eines Rocksongs.« (Peter Landerl, Literaturhaus Wien)

»Beinahe comichaft verdichtet Schmitzer Sätze und erschafft eine Atmosphäre zwischen aussichtsloser Realität und verzweifelter Emotionalität.« (Kronen Zeitung)

»Alles andere als herkömmlich (…) anders, witzig, neu« (Radio Fritz)

»Ein radikales, schonungsloses Buch mit virtuosem, musikalischem Sprachdröhnen – Powerpoesie.« (Werner Krause, Kleine Zeitung)

»wohin die verschwunden ist, um die es ohnehin nicht geht hat Pop und Poesie, ist ein Generationenroman ohne Belehrung und ein Road-Movie ohne Heldenverherrlichung.« (Wolfgang Huber-Lang, APA)

»Die Szenenabfolge in diesem grobkörnigen Action Movie ist rasant, ausgeklügelt das Hell-Dunkel-Spiel und energetisch die Figurenpsychologie.« (Roland Steiner, The Gap)

»Schmitzer gelingt es, seinem Roman die Farben einer Ulrich-Seidl-Welt zu geben, ohne diesen zu kopieren.« (Lennart Laberenz, literaturkritik.de)

»Eine gelungene Konstruktion, ein höchst lesenswerter Roman.« (NOW)

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