Buchcover
Thomas Stangl

Regeln des Tanzes

Roman
2013
gebunden , 13 x 21 cm
280 Seiten
ISBN: 9783854208464
€ 22,00
als ebook erhältlich

AUTOREN

Textauszug

Er las die Firmenschilder an den Hochhäusern und an den Haustoren der sanierten Altbauten in der Nordbahnstraße und in der Praterstraße: PR-Wizard GmbH, Dream Advertising and Advertising Dreams. Solaris Mediamanagement und Public Power Lobbying, Spartacus Work­out Space, Spartacus Home-are, Spartacus Leih- und Zeitarbeitsvermittlung GmbH., xxx-Animations: Dream Power 4U (Jesusmaria, lasst euch doch alle zuscheißen), bog in die Mayergasse, hier gab es immer noch das Café Dogenhof auf der einen Seite, auf der anderen die Bankfiliale, das billige Hotel und gegenüber das Puff, das inzwischen wahrscheinlich siebenmal seinen Namen gewechselt hatte. Als er in diese Stadt gezogen war, als die Stadt ihm noch etwas bedeutete, als Student, dem das Studieren oder scheinbare Studieren als ein endloser oder nur durch die Revolution zu beendender Seinszustand erschien, hatte er ein paar Straßen weiter in einer kleinen Hofwohnung (Klo am Gang) in einem sogenannten Durchhaus gewohnt und war oft hier herumgestreift, auf beiden Seiten der Praterstraße und bis hinauf zum Gelände des großen Güterbahnhofs, wie durch eine Wildnis, jedenfalls anfangs, bevor er die Häuser alle wiedererkannte und dazu sogar noch ein paar Leute, die in ihnen anzutreffen waren. Erinnere dich an die Erwartung: naturgemäß wurde sie niemals erfüllt, wann wäre denn die Wirklichkeit von derselben Substanz wie die Erwartung. Aber gibt es nicht etwas dazwischen, darunter, einen Bereich, in den Erwartung wie Wirklichkeit sich verschieben lassen, wozu würdest du sonst leben oder gelebt haben, wozu läufst du sonst herum.

»Es ist mitten im Winter, ein grauer Tag in einer Reihe von grauen Tagen, ein guter Zeitpunkt.« Wofür? Um sein Leben zu ändern; für den »totalen Umsturz der Verhältnisse«. Stangls vierter Roman ist der Zustandsbericht rund um diesen Imperativ herum, der die Veränderung des schlechten Bestehenden verlangt:

Da ist eine junge Frau, die als Demonstrierende gegen die neue, rechtslastige Regierung in Wien im Februar 2000 durch politisches Handeln ein neues Existenzgefühl erfährt. Ihre Schwester Mona geht zur selben Zeit einen ganz anderen Weg, der in einem schockierend-befreienden acte gratuit endet. Und 15 Jahre später gerät ein Dr. Walter Steiner in eine existenzielle Krise, da seine Frau ihn verlässt; gleichzeitig verbindet ihn der zufällige Fund von alten Bildern mit diesen zwei Frauen und stellt neue Zusammenhänge her.

Die drei Personen dieses Romans durchstreifen Wien zu unterschiedlichen Zeiten, mit unterschiedlichen Motiven, und versuchen auf unterschiedliche Weisen, in der Wirklichkeit anzukommen – durch politisches Engagement, durch Kunst oder durch die Aufkündigung aller existierenden Zwänge. Stangls Roman ist eine hypnotische Meditation über unsere Gegenwart und die Rolle, die der Kunst darin und in unserem Leben zukommt, ein Roman voller magischer Momente.

 

Presse

Longlist Deutscher Buchpreis 2013

»Eine Geschichte, die auf grandiose Weise suggestiv ist.« (Paul Jandl, Die Welt)

»Neben all den Romanen, die heutige Wirklichkeit in kleiner Münze als rein soziale verhandeln, ist Stangls Roman ein Ereignis« (Sibylle Cramer, Süddeutsche Zeitung)

»Stangl untersucht das Innen und Außen, die offiziell festgehaltenen historischen Ereignisse und deren Wechselwirkung hinein ins Private der Figuren. Eine überaus gekonnte Choreografie von Dichotomien.« (Christoph Schröder, Die Zeit)

»Regeln des Tanzes beweist eindrücklich, dass Poesie und Politik einander nicht ausschließen müssen. Der Roman gehört ohne Zweifel zum Besten, was es an neuer deutschsprachiger Literatur zurzeit zu lesen gibt.« (Katja Gasser, ORF)

»Beschreibungen einer aufgebrochenen Stadt, die mit den Innenaufnahmen der Figuren korrespondieren. Das ist der fast körperlich spürbare Effekt beim Lesen dieses Romans.« (Anja Hirsch, FAZ)

»Die drängenden Wortfolgen, die Thomas Stangl meisterlich zu bilden versteht, erzeugen nicht nur Spannung, sie zeugen auch vom Begehren, dasjenige darzustellen, was man nicht darstellen kann.« (Leopold Federmair, NZZ)

»Je näher man an den Schluss dieses beeindruckenden Romans gelangt, so sehr wünscht man sich, dass er nicht enden möge.« (Christopher Heil, literaturkritik.de)

»Privatheit und Politik, Widerstand und Anpassung, Tanz und Fotografie werden zu einem sensiblen Textgewebe versponnen. Große Kunst.« (Wolfgang Huber-Lang, APA)

»Es geht um die Zerbrechlichkeit von Lebensentwürfen. Und um die Schwierigkeit, eine Form für dieses Unbehagen zu finden, fein komponiert und von hoher Musikalität.« (Joachim Leitner,Tiroler Tageszeitung)

»Was macht man mit einem solchen Roman? Staunen. Daran wachsen. Und ihn umarmen.« (Peter Pisa, Kurier)

»Thomas Stangls Roman ist ein politischer und zugleich einer der Sprachkunst. Seine Befunde zur Gesellschaft treffen ins Schwarze, seine Sätze ins Herz. Ein Meisterstück.« (Andreas Puff-Trojan, Der Standard)

»Es entsteht ein Sog, dem man sich nicht entziehen kann.« (WDR3, Gutenbergs Welt)

»Ein Buch, das einen lang nachwirkenden Taumel auslöst. Das ist die nachhaltige Leistung des Autors Stangl: Den Leser schwindlig zu schreiben, – das schaffen nicht viele.« (Bruno Jaschke, Wiener Zeitung)

»Ein virtuos geschriebenes Buch, das ganz eigenen Spielregeln folgt und einem gut choreografierten Tanz gleicht.« (Barbara Geschwinde, WDR3 Mosaik)

»Stangl hat nicht nur einen wichtigen politischen Roman geschrieben, sondern vielleicht das beste österreichische Buch des Jahres.« (Bernhard Oberreither, Volltext)

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