Buchcover
Dominik Steiger

mon dieu es geistert

2007
leinengebunden in Schuber , 13 x 21 cm
72 Seiten
ISBN: 9783854207252
€ 150,00

AUTOREN

Textauszug

jesu vergaß seinen vater beim holzkleinmachen. als maria den knaben rief, sprang er fort in die düne. joseph war auf
der andern seite das muli putzen. er sah nach dem zelt, nach den wolken und bürstete bedächtig das alte muli.
ein vorbeifahrender ritter winkt ihn zu sich. joseph macht keine umstände und folgt. der bewaffnete bittet um ein glas milch. er bekommt von marias kostbarer stutenmilch,
dazu ein stück weißbrot. von dem hügel kommt der knabe jesu gelaufen, kennt den vater nicht, bittet um milch als wär auch er fremd hier.
die schatten werden länger, der mond kommt herauf. die gruppe bildet ein dreieck im dürren gebüsch. sie sehen einander
an und versuchen zu erkennen wer wer ist. der reiter weiß mehr als der vater und das kind. sie dauern ihn. sie tragen dünnes
zeug, sind verletzlich, haben schimmernde haut.
der fremde beschliesst die nacht hier zu bleiben. eine grube in der erde, stöcke drübergelegt, auf die stöcke die pferdedecke und schlafen. der mars steht heute nacht im zeichen der venus.
durch die umliegende wüste gegend huschen zebus die sogar am zelt knabbern.
joseph hat den kleinen mann mitgenommen, die mutter ihn getränkt, nun hockt er am boden und betrachtet nachdenklich
das freundliche paar. er weiß wirklich nicht was mit ihnen sprechen. jetzt wird geschlafen.
am morgen frieren all vier. der ritter geht fort. die familie ist wieder im lot. jesu gab maria beim erwachen einen kuß.
woher die kleine störung?

10 Exemplare, gebunden, signiert und numeriert, in einem schwarzen Schuber zusammen mit einem gebundenen Diptychon mit Autograf des Autors.

Mon dieu, es geistert in der Tat, in Dominik Steigers Literatur. Alles ist möglich, alle Regeln sind aufgehoben, Engel stehen vor Metzgerläden, Eier heben die Lider im Schlaf, Mongolen wechseln mit dem Rücken zur Erzählung in nondeskriptes Land hinüber, Störche klappern gebückt in der Brandung; wir müssen zu Kenntnis nehmen, dass der Dichter oft auf ungereimten Mauerblümchen sitzen bleibt, Tag und Nacht Abendkleider trägt lang bis über die Knöchel und sich immer wieder neue Namen gibt, wenn von ihm Semantisches erwartet wird.

Dabei ist gar nicht sicher, was verblüffender ist: die unendlichen Kombinationsmöglichkeiten von Fakten und Träumen – oder der Charme und die Nonchalance, mit denen der Künstler uns aus diesem seinem Reich Bericht erstattet. Es sind Texte wie Tagebucheintragungen, wie das »Vermischte« in der Presse, in denen ja auch nicht unbedingt der Wahrheit gefrönt wird; Dominik Steiger bezeichnet sich in biografischen Texten nicht umsonst als »Tagtraumarbeiterle« und seine Kunst als »Kleinhermetik«.

Presse

»mon dieu es geistert bezaubert Seite für Seite. Jeder Text hat Gegenwartsentrückungspotenzial und bietet einen probaten Alltagsfluchtweg an. Einmal kurz eingetaucht und schon abgehoben.« (Markus Köhle, Literaturhaus Wien)

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